Sonntag, 10. November 2019

35. Post - 06. und 07.11.19 ungeplanter Abenteuerurlaub

 Abreise Machu Picchu Ri. Pazifik / Ica

Es soll weiter gehen Richtung Ica, bzw. Huacachina, einer Oase Nahe des Pazifik mehr sehr hohen Dünen.
Da mein Mitfahrer Bernd eine andere Strecke als ich im Sinn hat, wollen wir uns für einen Tag trennen und verabreden einen Treffpunkt. Es sollte ganz anders kommen...
Dann macht sich jeder in eine andere Richtung auf.

Da ich dringend Geld und Sprit fassen muss, fahre ich an meinem Toureneinstiegspunkt erstmal vorbei in eine 30 KM entfernt liegende größere Stadt. Bankautomaten UND Tankstellen in einem Dorf/einer Stadt sind in Peru eher Mangelware.
Nachdem ich beides habe, schaue ich an der Tankstelle zufälligerweise aufs Handy. Bernd befindet sich mittlerweile auf "meiner" Strecke, seine geplante war bereits nach kurzer Fahrt gesperrt.







Also gebe ich etwas mehr Gas um ihn noch einzuholen. Nachdem ich in meine geplante Strecke reingefahren bin, werde ich bereits nach einigen KM von einer Dame mit gelber Uniformweste aufgehalten.
Da diese alles andere als gesprächig war, und mein Spanisch ja auch eher rudimentär vorhanden ist, hat es eine ganze Zeit lang gebraucht bis ich verstanden habe was sie wollte, bzw. warum ich nicht weiterfahren durfte.
Aufgrund der letzten starken Regenfälle soll der Pass wohl stärker beschädigt sein und ich darf erst gegen 17 Uhr weiterfahren. Es ist jetzt 14:45 Uhr...da es gegen 18 Uhr dunkel wird und ich es nie im Hellen bis ins nächste Dorf dort oben schaffen würde, drehe ich um.
Die Südroute: gesperrt. Meine geplante Tour durch die Mitte über den Pass: zeitweise gesperrt und heute nicht mehr machbar.
Als einzige Alternative bleibt da nur noch der große Umweg über die Nordroute, die PE-28B. Eigentlich eine "Bundesstraße", sollte also eigentlich möglich sein Bernd noch einzuholen oder zumindest gleichzeitig dort zu sein. Trotz des doch deutlichen Ulmweges.
Hätte ich gewusst, was mich dort erwartet, wäre ich an der Sperrstelle brav bis 17 Uhr stehengeblieben...

Zunächst läuft alles sehr gut. Ich fahre wieder durch das Städtchen in dem ich getankt habe und befinde mich irgendwann auf der 28B. Die führt parallel zu einem Fluß. Durch die vielen Kurven macht die Straße auch zunächst viel Spaß. Die ist zwar eher recht schmal und baufällig und man muss bei Gegenverkehr aufpassen, ich komme trotzdem gut und schnell vorran.
Auffällig sind jedoch die vielen Wasserquerungen auf der Straße. Dort sind (meist in Kurven) tiefere Senken in den Straßenverlauf gebaut, in denen das Wasser vom Berg abgeleitet wird. Also nicht unter der Straße wie man es aus den Alpen gewohnt ist, sondern das Wasser (und was es alles so mitnimmt...) fließt über die Straße.
Außerdem schon erste Murenabgänge gesehen, die die Straßen mitgenommen haben.


Bereits hier ist zu erkennen, dass die starken Regenfälle der letzten Tage auch hier gewütet haben. Waren es bisher eher kleine Rinnsale in den Senken, war hier schon deutlich mehr Wasser in Bewegung, inklusive vieler Steine und Dreck der auf der Straße lag. Aber alles noch gut befahrbar und kein Streckenabschnitt war stärker beschädigt.

Irgendwann sagt das Navi "rechts abbiegen". Ich wundere mich schon, da der Straßenverlauf eigentlich weiter geradeaus geht. Da rechts aber auch eine Straße abgeht und diese gute 3-4 KM kürzer ist, fahre ich so wie das Navi verlangt 😆
Ein Fehler...wie sich rausstellen sollte.

Nach knapp einem KM komme ich an einer Wasserdurchfahrt an. Ok, hier ist jetzt mal richtig viel Wasser inkl. Steinen den Berg runtergekommen.
Ich steige ab und schaue mir die Wasserdurchfahrt an. Etwa halbe Höhe der Stiefel, ein zwei dickere Steine, aber machbar.
Also wieder aufs Moped und rein ins Vergnügen. Es wäre vermutlich ein Vergnügen geworden, wenn ich so gefahren wäre wie ich durch das Wasser gegangen bin. Eigentlich mag ich Wasserdurchfahrten...
Leider muss ich in der Mitte des knapp 4-5m breiten Flusses links (und nicht wie geplant und abgegangen rechts) fahren. Dort lag ein dicker Stein, den ich im trüben Wasser nicht gesehen habe.
Kein Problem denke ich noch und schon ist mein Vorderrad bis deutlich über die Achse im Wasser versunken. Schei...benkleister! Zurück geht nicht und rausziehen alleine ist unmöglich.
Ok, Angriff ist die beste Verteidigung (oder so was in der Art) und:GAS.
Mir war eigentlich beim Gas geben schon klar, dass das jetzt Schief gehen wird. Plötzlich ist der linke Zylinder bis zur Hälfte im Wasser versunken und ich stehe mit Beinen Beinen bis zu den Knien im Wasser. Gut...damit haben die Stiefel ihre Wasserdichtigkeit bewiesen...aber leider auch nur bis zum oberen Rand.
Ein schönes Gefühl, wenn die eiskalte Brühe die Stiefel füllt...😱

Da die "Strömung" hier recht stark ist, drohe ich kurz mit der ganzen Karre umzukippen. Zum Glück finde ich einen weiteren dicken Stein an dem ich mich abstützen kann. Der Adrenalinpegel schießt durch die Decke...
Jetzt heißt es Vollgas oder die Sache geht schief...dummerweise steht das Hinterrad in einer Kuhle, der Reifen dreht nur durch, ohne dass ich mich bewege.
Also wie im Winter: die Karre mit Gasstößen aufschaukeln bis das Hinderniss überwunden ist. Nach einer gefühlten Ewigkeit bin ich frei und komme wieder vorwärts. In Wirklichkeit waren es wohl eher nur ein paar Sekunden...

Sieht auf den Bildern und dem Video unspektakulär aus, muss ich in Wirklichkeit aber nicht noch mal haben...




Ein paar Meter weiter im Trockenen heißt es erstmal anhalten. Wasser aus den Stiefeln kippen, Socken und Hose auswringen und kurze Bestandsaufnahme an meiner Dicken.
Augenscheinlich erstmal alles ok. Würde ich rauchen, müsste ich mir wohl jetzt erstmal ne Kippe anzünden. Das war knapp...alleine hätte ich die Karre da nie wieder rausbekommen.

Kurze Pause, dann gehts weiter.
Nach ein paar KM fängt die Dicke dann plötzlich an zu spinnen. Flackernde rote Warnlampe in Kombination mit der Ölanzeige. Also sofort angehalten (rot hatte ich bei ihr bisher noch nicht...) und erneut alles gecheckt. Sieht gut aus, auch das Öl.
Da ich nichts finden kann und mir auf die Fehlermeldung auch keinen Reim machen kann, gehts erstmal weiter.
Nach einem etwas größeren Schlagloch ist auch erstmal wieder alles aus.
Das Spiel wiederholt sich ein paar Mal. Aber ich halte es wie Penny aus "The Big Ben Theory", einfach ignorieren.

So mache ich noch einige KM bis zur Dunkelheit. Eigentlich wäre es jetzt an der Zeit sich um einen Schlafplatz zu kümmern...aber in Anbetracht des großen Umweges muss ich noch ein paar KM machen und fahre weiter. Davon ab: würde ich hier eh nichts abseits der Straße finden.
Die tagsüber sehr schöne Strecke wird in der Nacht schon schwieriger zu fahren. Man sieht die ganzen Schlaglöcher (und davon gibt es hier einige...) nicht mehr und auch die Kurven sind zwar idR klein aber unübersichtlich.

Irgendwann drängelt ein Einheimischer mit seinem Motorrad hinter mir. Ich lasse ihn vorbei und hänge mich dran. Teilweise mit deutlich über 100 ballert er durch den Streckenverlauf.
Ich mache das einige KM mit, dann wird es mir aber zu heikel und ich fahre wieder langsamer.
So komme ich auch gut weiter, bis zur Stadt Kiteni.
Die Ortszufahrt ist noch frei, aber kaum im Zentrum angelangt ist die Straße fast nicht mehr befahrbar. Hier muss der Regen übel gewütet haben, die ganze Straße ist voller Schlamm, Unrat und dicker Steine. Ich komme noch ein paar Meter weiter, muss dann aber aufgeben.
Die Einheimischen geben mir zu verstehen, dass ich in Richtung einer Brücke fahren soll.
Dies mache ich auch und fahre auf die andere Seite des Ufers.
Dort schaue ich mir die Karte etwas näher an. Egal wie ich sie drehe und wende, es führt kein Weg in meine Richtung. Ein Weg endet im Nirwana, ein weiterer führt zurück in die Richtung aus der ich gekommen bin. Nur halt auf der anderen Uferseite.
Also keine Option

Irgendwann sehe ich auf der anderen Seite am Ufer ein Tucktuck langschleichen.
Ich fahre zurück und suche mir einen Weg ans Ufer...tatsächlich haben die Einwohner dort eine Art "Straße" geschaffen.
Über diese gelange ich ins Zentrum und hinter die zerstörte Straße. Ich fahre noch kurz durch den Ort in der Hoffnung ein Hostel zu finden. Es gibt zwei, leider ohne sichere Parkmöglichkeit für das Motorrad.
In einem Kiosk hole ich mir noch eine Flasche Bier und fahre weiter.

Während der nächsten KM werden die Zerstörungen der Straße schlimmer. Das muss wirklich ein fieses Unwetter gewesen sein und hoffe, dass der Himmel seine Schleusen nicht so schnell wieder öffnet. Kaum habe ich den Gedanken zu Ende gedacht, fängt es an zu tröpfeln...

Kurze Zeit später wird ein Schauer daraus und es wird zu gefährlich bei dem ganzen Wasser, kaputten Straßen und runtergespühlten Dreck und Steinen weiterzufahren.
Als ich eine Hütte mit überdachtem Anbau am Straßenrand sehe halte ich an und fahre die Dicke darunter.
Es ist zwar alles andere als sauber hier, als ich mit Licht unter den Vorbau fahre kommen aus jeder Ecke tausende fliegende Irgendwas-für-Viecher, aber ich habe keine Wahl.
Schnell das Zelt aufgebaut und aus den nassen Sachen geschlüpft. Ein Schlafsack ist überflüssig. Ich befinde mich ja immer noch im schwülen Bergdschungel.
Als ich die Bierflasche öffnen will (nach dem Frühstück morgens die ersten Kalorien)...bricht der Flaschenhals am oberen Ende.
Na suuuuper....ein passender Abschluss dieses hoffentlich schnell vergessenen Tages 😡

Aber es sollte ja am nächsten Tag noch deutlich schlimmer werden.
Nach der unruhigen Nacht, es hat die ganze Zeit durchgeregnet, heißt es morgens schnell packen und weiter.
Ich komme keine 5 KM weit, da werde ich von Einheimischen an einem Erdrutsch aufgehalten. Sie geben mir deutlich zu verstehen, dass dort etwa kniehoch der Matsch liegt und ein Durchkommen nicht möglich sei.
Ich steige ab und schaue mir die Sache selber an. Der Matsch ist zwar nicht kniehoch, aber immerhin erreicht er locker meine Unterschenkel.
Ich grübele kurz...soll ich die ganze Strecke zurückfahren? NEIN...nicht nach dem Stress gestern. Ich gehe den besten Weg ab und steige dann wieder auf mein Moped. Nur um direkt damit umzufallen, da ich weggerutscht bin.

Jetzt werde ich sauer. Ich wuchte die 300 KG im Schlamm wieder hoch, lasse sie an und fahre los.
Schön, was Wut und Adrenalin doch alles bewirken können. Mit Vollgas kämpfe ich mir meinen Weg durch den Murenabgang mit seinem ganzen Schlamm und Steinen.
Anfangs lachen mich die Arbeiter noch aus und filmen mein Vorhaben mit der Kamera.
Als ich mich durch den Schlamm gekämpft habe, applaudieren doch tatsächlich 2 der Arbeiter. ich fahre die Dicke aus dem Gefahrenbereich raus und laufe zurück um ein paar Fotos zu machen (die Helmkamera war natürlich leer 😩), einer der Arbeiter kommt zu mir und schüttelt mir die Hand 😂.








Nach mir versucht sich ein 4-Rad getriebener LKW an der Durchfahrt und fährt sich fest...

Ich mache mich wieder auf den Weg und es hört tatsächlich den ganzen Tag nicht auf zu regnen.
Ich sehe noch weitere, mind. ein Dutzend, zerstörte Straßenabschnitte. Mit meinem Motorrad komme ich überall gut durch. Autos und erst recht LKW's haben kein so leichtes Spiel und so befindet sich die ein oder andere Schlange auf der Strecke.
Das ganze sieht echt übel aus und dabei hat die Regenzeit gerade erst begonnen...und die Einheimischen müssen jedes Jahr damit klarkommen!
Ein weiteres Beispiel, wie hart das Leben hier auf dem Land sein muss...


















Gegen Dunkelheit erreiche ich nach 500 KM klitschnass die Stadt Ayacucho. Ich suche mir das erstbeste Hostel in der Innenstadt und dusche erstmal 15 min heiß.
Meine Sachen sind trotz Regenkombi und wasserdichter Motorradklamotten total durchnässt.

Ich raffe mich nochmal auf, ich muss unbedingt was Essen da ich seit fast 2 Tagen nichts mehr hatte.
Nachdem ich mich in einer Pizzeria gestärkt habe, wollte ich zurück ins Hostel.
An einem großen Platz war eine Bühne aufgebaut, dort wurde erstaunlicherweise recht moderne Musik (sollte wohl eine Art House oder Techno sein) gespielt und Menschen jeden Alters standen dort und lauschten. Da die Atmosphäre sehr angenehm war, habe auch ich mich dort noch eine knappe Stunde aufgehalten, bevor ich totmüde ins Bett gefallen bin...

Ein anstrengender Tag ging zu Ende. Auf der gesamten Reise der wohl wirklich erste "Abenteuerurlaub"....ob ich den nochmal so erleben will weis ich noch nicht.
Und ich hab ja schon das ein oder andere mitgemacht, ob in Europa oder in Afrika...

Leider war es aufgrund des Regens fast immer nicht möglich Fotos zu machen. Also kriegt ihr heute nur viel Text und einige schlechte Bilder, die ich aus den Videos geholt habe. Plus ein paar, wo das Wetter gepasst hat.
Im Nachgang ärgere ich mich die 6D nicht öfters rausgeholt zu haben...

1 Kommentar:

  1. Wenn Du es nicht schon selbst geschrieben hättest... das war doch jetzt wirklich mal ein richtiges Abenteuer. Zum Glück hast Du alle schwierigen Passagen und Situationen gemeistert. Bin gespannt, wie es Deinem Spannmann ergangen ist... Weiterhin viel Spaß(🤔) oder nein, lieber gute Fahrt auf all Euren Wegen...

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